07203 Skalierbares Energiemanagement
Der Autor ist Entwickler von enerchart, einem universellen Energiemanagementsystem (EnMS), das einen besonders hohen Grad der Skalierbarkeit für sich propagiert. Der vorliegende Artikel definiert den Begriff „Skalierbarkeit” im Kontext des betrieblichen und industriellen Energiemanagements und zeigt die verschiedenen technischen und organisatorischen Dimensionen der Skalierbarkeit auf. Hierbei wird die außerordentlich hohe Bedeutung der Informatik im Energiemanagement deutlich. Eine zusammenfassende Checkliste hilft bei der Auswahl eines skalierbaren EnMS. Arbeitshilfen: von: |
Anmerkung des Herausgebers
Der in diesem Beitrag benutzte Begriff EnMS ist in den meisten Fällen mit Energiedatenmanagement (EDM) gleichzusetzen. Andererseits enthält das gewählte Beispiel enerchart auch Elemente, die über ein reines EDM hinausgehen.
Der in diesem Beitrag benutzte Begriff EnMS ist in den meisten Fällen mit Energiedatenmanagement (EDM) gleichzusetzen. Andererseits enthält das gewählte Beispiel enerchart auch Elemente, die über ein reines EDM hinausgehen.
1 Skalierbarkeit im Energiemanagement
Definition Skalierbarkeit
Die Definition des Begriffs „Skalierbarkeit” im Allgemeinen ist von seinem Kontext abhängig. Während beispielsweise die Betriebswirtschaft diesen Begriff ganz allgemein zur Bezeichnung der Expansionsfähigkeit eines Geschäftsmodells nutzt, definiert die Informatik die Skalierbarkeit wesentlich konkreter als die Fähigkeit eines IT-Systems, seine Leistung durch das Hinzufügen von Ressourcen – z. B. weiterer Hardware – in einem definierten Bereich proportional (bzw. linear) steigern zu können. In beiden Domänen geht es also um Wachstum.
Die Definition des Begriffs „Skalierbarkeit” im Allgemeinen ist von seinem Kontext abhängig. Während beispielsweise die Betriebswirtschaft diesen Begriff ganz allgemein zur Bezeichnung der Expansionsfähigkeit eines Geschäftsmodells nutzt, definiert die Informatik die Skalierbarkeit wesentlich konkreter als die Fähigkeit eines IT-Systems, seine Leistung durch das Hinzufügen von Ressourcen – z. B. weiterer Hardware – in einem definierten Bereich proportional (bzw. linear) steigern zu können. In beiden Domänen geht es also um Wachstum.
Für Skalierbarkeit im Kontext des betrieblichen Energiemanagements gibt es bis dato noch keine spezifische Definition, im Wesentlichen lässt sich hierfür der Leistungsansatz aus der Informatik adaptieren:
„Ein Energiemanagementsystem (EnMS) ist genau dann skalierbar, wenn es in der Lage ist, mit allen zukünftigen Aufgaben des Energiemanagements im Unternehmen mitwachsen zu können.” |
Und tatsächlich unterliegt das Energiemanagement im Unternehmen einem stetigen Wachstum. Durch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess der ISO 50001 kommt es zu einer Ausweitung der Messstellen über alle Medien und zu einer Erhöhung der Datenrate durch kürzere Messzyklen. Im (theoretischen) Idealfall würde irgendwann überall alles ständig gemessen und ausgewertet.
Skalierbarkeit im EnM
Die Praxis zeichnet freilich ein anderes Bild: Zu Beginn einer ISO-50001-Zertifizierung sind nicht selten nur die Zähler der Versorger vorhanden, und auch hier hat ein flächendeckendes Rollout mit Smart Metern noch nicht stattgefunden. Jenseits der Elektrizität sind Zähler für Gas, Öl, Wärme und sonstige Energieträger meist für manuelle Ablesungen – wenn überhaupt – vorhanden. Der Austausch von Geräten, das Einfügen von Unterzählern, die Errichtung neuer Zählpunkte und das Anzapfen von Datenschnittstellen ist somit ein ebenso kontinuierlicher wie gemächlicher Prozess, der vonseiten des EnMS Skalierbarkeit einfordert. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme kann selten mit Präzision geplant werden, welche Messdaten zukünftig über welche Geräte, Standards oder Schnittstellen in das System eingehen werden. Dieser Sachverhalt ist mitnichten als Manko anzusehen, es ist der übliche Startpunkt eines Unternehmens in eine energieeffizientere Zukunft. Viele der genannten Anforderungen ergeben sich dann aus den PDCA-Zyklen des zertifizierten Energiemanagements. Ein guter Grund also, sich mit Skalierbarkeit zu beschäftigen.
Die Praxis zeichnet freilich ein anderes Bild: Zu Beginn einer ISO-50001-Zertifizierung sind nicht selten nur die Zähler der Versorger vorhanden, und auch hier hat ein flächendeckendes Rollout mit Smart Metern noch nicht stattgefunden. Jenseits der Elektrizität sind Zähler für Gas, Öl, Wärme und sonstige Energieträger meist für manuelle Ablesungen – wenn überhaupt – vorhanden. Der Austausch von Geräten, das Einfügen von Unterzählern, die Errichtung neuer Zählpunkte und das Anzapfen von Datenschnittstellen ist somit ein ebenso kontinuierlicher wie gemächlicher Prozess, der vonseiten des EnMS Skalierbarkeit einfordert. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme kann selten mit Präzision geplant werden, welche Messdaten zukünftig über welche Geräte, Standards oder Schnittstellen in das System eingehen werden. Dieser Sachverhalt ist mitnichten als Manko anzusehen, es ist der übliche Startpunkt eines Unternehmens in eine energieeffizientere Zukunft. Viele der genannten Anforderungen ergeben sich dann aus den PDCA-Zyklen des zertifizierten Energiemanagements. Ein guter Grund also, sich mit Skalierbarkeit zu beschäftigen.
2 Systemtechnische Skalierbarkeit
Ein serverbasiertes EnMS mit seinem darunterliegenden IT-System unterliegt prinzipiell den gleichen Skalierungsfaktoren wie jedes andere Informatiksystem auch. Hierzu zählen insbesondere Rechenleistung, Bandbreite, Speicher bzw. Datenhaltung, aber auch die damit verbundenen Faktoren wie Datenalterung, Modularität, Datenformate und Aktualisierungskonzepte.
Speicher als Performancefaktor
Im Energiedatenmanagement spielt in puncto Performance die Anzahl der gleichzeitig zugreifenden Benutzer kaum eine Rolle, da sich die Hauptzielgruppe – die Energiemanager – auch in großen Konzernen zahlenmäßig eher im einstelligen Bereich bewegen. Wesentlich interessanter ist die Betrachtung der Anzahl der auszulesenden Messpunkte und deren zeitliche Ausleseintervalle für die Datenhaltung. Hierzu eine kleine, vereinfachte Beispielrechnung:
Im Energiedatenmanagement spielt in puncto Performance die Anzahl der gleichzeitig zugreifenden Benutzer kaum eine Rolle, da sich die Hauptzielgruppe – die Energiemanager – auch in großen Konzernen zahlenmäßig eher im einstelligen Bereich bewegen. Wesentlich interessanter ist die Betrachtung der Anzahl der auszulesenden Messpunkte und deren zeitliche Ausleseintervalle für die Datenhaltung. Hierzu eine kleine, vereinfachte Beispielrechnung:
Ein umfangreiches EnMS eines Konzerns erfasst 4.000 Zählpunkte in minütlicher Taktung rund um die Uhr. Pro Tag erreichen somit 5,76 Millionen Messwerte die Datenbank des Systems. Eine geringfügig optimierte Datenhaltung speichert nun pro Messwert 48 Byte in die Datenbank; 16 Byte für die Zeitstempel (Datentyp DATETIME), acht Byte für den gemessenen Wert (Datentyp DOUBLE) und weitere 24 Byte für Tabellenindizes. In unserem Beispielkonzern liegt die tägliche Datenmenge somit bei rund 264 MByte – auf das Jahr gerechnet etwa 93 Gigabyte reine Messdaten. Um diese modellhafte Berechnung noch um einen realen Wert aus der Praxis zu bereichern, betrachten wir die Minutenwert-Tabelle einer MySQL-Datenbank mit knapp 56 Millionen Einträgen. Inklusive Indizes belegt diese Tabelle knapp 4,5 GByte Speicherplatz – also 86 Byte pro Messwert. Hiermit käme unsere Modellrechnung auf 166 GB jährliche Messdaten im Minutentakt.
Drei wesentliche Faktoren
In Zeiten von Gigabyte-USB-Sticks und Terabyte-Speichern ist die reine Datenhaltung dieser Menge sicherlich keine ultimative Herausforderung mehr. Drei wesentliche Faktoren dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen werden:
In Zeiten von Gigabyte-USB-Sticks und Terabyte-Speichern ist die reine Datenhaltung dieser Menge sicherlich keine ultimative Herausforderung mehr. Drei wesentliche Faktoren dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen werden:
1. Faktor Datensicherung
Zur Sicherung der Daten muss die Datenbank in kurzen Intervallen durch sogenannte „Snapshots” in Back-ups gesichert werden. Je kürzer diese Intervalle sind, umso geringer ist die Datenlücke, die im Falle eines Verlusts von Messdaten entsteht. Die Reduzierung dieser Intervalle erhöht jedoch auch die Belastung des Datenbanksystems, die durch das Back-up entsteht. Das Vorhalten mehrerer Sicherungen vervielfacht die Datenhaltung. Alternativ kann der Einsatz einer Hochverfügbarkeitsumgebung zur Datenhaltung erwägt werde, was jedoch ein durchaus beachtlicher Kostenfaktor wäre.
Zur Sicherung der Daten muss die Datenbank in kurzen Intervallen durch sogenannte „Snapshots” in Back-ups gesichert werden. Je kürzer diese Intervalle sind, umso geringer ist die Datenlücke, die im Falle eines Verlusts von Messdaten entsteht. Die Reduzierung dieser Intervalle erhöht jedoch auch die Belastung des Datenbanksystems, die durch das Back-up entsteht. Das Vorhalten mehrerer Sicherungen vervielfacht die Datenhaltung. Alternativ kann der Einsatz einer Hochverfügbarkeitsumgebung zur Datenhaltung erwägt werde, was jedoch ein durchaus beachtlicher Kostenfaktor wäre.
Tipp
Definieren Sie Ihre individuelle Toleranzgrenze für Datenlücken, um eine ideale Back-up-Strategie zu entwickeln.
Definieren Sie Ihre individuelle Toleranzgrenze für Datenlücken, um eine ideale Back-up-Strategie zu entwickeln.
2. Faktor Zwischenspeicherung
Um die Kommunikationsnetze zu entlasten und um Datenverlust vorzubeugen, werden Messwerte oft in sogenannten Datenloggern zwischengespeichert. Das EnMS ist zur Reduzierung des Overheads der Datenkommunikation in der Lage, in einer einzigen Transaktion mehrere Messdaten gebündelt abzuholen bzw. angeliefert zu bekommen. Fällt das Kernsystem für einen Zeitraum störungsbedingt aus, so muss es nach Wiederaufnahme des Betriebs die ausstehenden Messwerte einsammeln und aufbereiten – zusätzlich zu den aktuell anfallenden Messungen. Derartige Situationen erfordern erhebliche Leistungsreserven des IT-Systems.
Um die Kommunikationsnetze zu entlasten und um Datenverlust vorzubeugen, werden Messwerte oft in sogenannten Datenloggern zwischengespeichert. Das EnMS ist zur Reduzierung des Overheads der Datenkommunikation in der Lage, in einer einzigen Transaktion mehrere Messdaten gebündelt abzuholen bzw. angeliefert zu bekommen. Fällt das Kernsystem für einen Zeitraum störungsbedingt aus, so muss es nach Wiederaufnahme des Betriebs die ausstehenden Messwerte einsammeln und aufbereiten – zusätzlich zu den aktuell anfallenden Messungen. Derartige Situationen erfordern erhebliche Leistungsreserven des IT-Systems.
Tipp
Verzichten Sie nicht auf die Simulation eines Ausfallszenarios mit einer Ausfallzeit von mindestens fünf Tagen.
Verzichten Sie nicht auf die Simulation eines Ausfallszenarios mit einer Ausfallzeit von mindestens fünf Tagen.
3. Faktor Interaktionsmöglichkeiten
Eine moderne Benutzeroberfläche visualisiert die Messwerte in verschiedenen Diagrammtypen und mit umfangreichen Darstellungsoptionen. Der Benutzer möchte komfortabel, sprich: ohne spürbare Verzögerungen, durch die Daten „navigieren”, in Verläufe ein- und auszoomen, beliebige Messstellen darstellen und Vergleichszeiträume einblenden. Diese Fülle von Interaktionsmöglichkeiten versetzt den Energiemanager in die Lage, Ursachen für Verschwendung auszumachen und Potenziale aufzudecken. Die Aufbereitung und blitzschnelle Darstellung dieser Daten ist auch für leistungsfähige IT-Systeme eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Fehlt die entsprechende Skalierbarkeit, so kann ein System bereits mit deutlich geringeren Datenmengen als aus unserer Beispielrechnung zu einem zähen Geduldsspiel werden und bis zu einem vollständigen Verlust der Benutzbarkeit führen.
Eine moderne Benutzeroberfläche visualisiert die Messwerte in verschiedenen Diagrammtypen und mit umfangreichen Darstellungsoptionen. Der Benutzer möchte komfortabel, sprich: ohne spürbare Verzögerungen, durch die Daten „navigieren”, in Verläufe ein- und auszoomen, beliebige Messstellen darstellen und Vergleichszeiträume einblenden. Diese Fülle von Interaktionsmöglichkeiten versetzt den Energiemanager in die Lage, Ursachen für Verschwendung auszumachen und Potenziale aufzudecken. Die Aufbereitung und blitzschnelle Darstellung dieser Daten ist auch für leistungsfähige IT-Systeme eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Fehlt die entsprechende Skalierbarkeit, so kann ein System bereits mit deutlich geringeren Datenmengen als aus unserer Beispielrechnung zu einem zähen Geduldsspiel werden und bis zu einem vollständigen Verlust der Benutzbarkeit führen.
Tipp
Testen Sie ein Energiedatenmanagement vor der Anschaffung auf Leistungsfähigkeit. Das Testsystem sollte Daten aus mindestens zwei Jahren enthalten und auch die von Ihnen geplante Anzahl Messstellen als Datenbasis enthalten.
Abb. 1: Der Bildausschnitt zeigt einige der vielfältigen Möglichkeiten zur Anpassung der Darstellung und zur interaktiven Navigation durch die Daten im System enerchart.
Testen Sie ein Energiedatenmanagement vor der Anschaffung auf Leistungsfähigkeit. Das Testsystem sollte Daten aus mindestens zwei Jahren enthalten und auch die von Ihnen geplante Anzahl Messstellen als Datenbasis enthalten.
Datenhaltung
Die Datenhaltung ist ein zentrales Thema für die systemtechnische Skalierbarkeit des EnMS. Man sollte daher die technischen Details, in welcher Form die Daten abgelegt werden, kritisch hinterfragen. Wie auch enerchart werden zahlreiche serverbasierte Systeme als Komplettsystem, meist in Form einer betriebsbereiten virtuellen Maschine, installiert. Bei diesen kommen in der Regel lizenzkostenfreie Datenbanksysteme wie MySQL, MariaDB oder PostreSQL zum Einsatz, die in kleineren Installationen auch anstandslos ihren Dienst verrichten. Ist jedoch Hochverfügbarkeit oder eine hohe Skalierbarkeit gefordert, dann sollte das EnMS flexibel genug sein, die Messdaten auf ein entsprechend belastbares System auszulagern. Größere Unternehmen betreiben bereits leistungsfähige Datenbankmanagementsysteme (DMS) von Oracle oder Microsoft, die von dem EnMS – die Möglichkeit dieser Skalierung vorausgesetzt – mitbenutzt werden können.
Die Datenhaltung ist ein zentrales Thema für die systemtechnische Skalierbarkeit des EnMS. Man sollte daher die technischen Details, in welcher Form die Daten abgelegt werden, kritisch hinterfragen. Wie auch enerchart werden zahlreiche serverbasierte Systeme als Komplettsystem, meist in Form einer betriebsbereiten virtuellen Maschine, installiert. Bei diesen kommen in der Regel lizenzkostenfreie Datenbanksysteme wie MySQL, MariaDB oder PostreSQL zum Einsatz, die in kleineren Installationen auch anstandslos ihren Dienst verrichten. Ist jedoch Hochverfügbarkeit oder eine hohe Skalierbarkeit gefordert, dann sollte das EnMS flexibel genug sein, die Messdaten auf ein entsprechend belastbares System auszulagern. Größere Unternehmen betreiben bereits leistungsfähige Datenbankmanagementsysteme (DMS) von Oracle oder Microsoft, die von dem EnMS – die Möglichkeit dieser Skalierung vorausgesetzt – mitbenutzt werden können.