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06114 Tools zur Berechnung der Klimarelevanz – Aufwand, Nutzen und Hinweise zur Auswahl

Gibt man im Internetbrowser den Suchbegriff „CO2-Berechnung” ein, werden zahlreiche Tools zum Quantifizieren von Treibhausgasemissionen angeboten. Das Angebot reicht vom CO2-Rechner, der schnell die Klimaschädlichkeit von Pkw- oder Bahnfahrten anzeigt, bis hin zu komplexeren, mit höherem Aufwand verbundenen Rechnern zur Bilanzierung von Treibhausgasemissionen von ganzen Unternehmen oder zur Ermittlung der ganz persönlichen Klimabilanz.
Für die schnelle Berechnung und zur ersten CO2-Größenorientierung sind im Prinzip alle Tools geeignet. Wenn die unternehmensbezogenen Treibhausgase jedoch in regelmäßigen Abständen berechnet und anschließend verifiziert werden sollen, empfiehlt sich die Nutzung eines qualitativ hochwertigen CO2-Rechners, der die „Spielregeln” einer CO2-Bilanz auch einhält. Wenn das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit definierten Reduktionszielen ernsthaft betrieben wird, müssen genaue, glaubhafte und in ihrer Berechnungsmethode transparente Berechnungstools ausgewählt werden, die gleichzeitig für den Benutzer verständlich und in der Handhabung unkompliziert sind. In diesem Beitrag werden drei Rechner vorgestellt, die für die Berechnung von unternehmensbezogenen CO2-Emissionen geeignet sind.
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1 Einführung

Deutschland hatte sich zum Ziel gesetzt, seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Dieses Ziel wurde erreicht und sogar übertroffen: Die CO2-Reduktion gegenüber 1990 lag bei 41,3 Prozent. Allerdings begünstigte die Covid-19-Pandemie und der damit verbundene gesunkene Energieverbrauch diesen Erfolg. Ansonsten wäre dieses Ziel um etwa 2 Prozent verfehlt worden [1]. Bis zum Jahre 2030 möchte die Bundesregierung anhand des Klimaschutzprogramms eine Treibhausgasminderung um 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 erreichen. Bis 2045 soll Deutschland dann treibhausgasneutral sein [2]. Betrachten wir die CO2-Emissionen eines Bundesbürgers, sind wir von diesem Ziel noch weit entfernt. Etwa 10,5 Tonnen Treibhausgase werden jährlich pro Kopf durch Ernährung, Wohnen und öffentliche Infrastruktur emittiert. Spitzenreiter sind die Kategorien Mobilität und Konsum [3]. Es lohnt sich also schon heute vom Auto auf das klimafreundliche Fahrrad umzusteigen. Zum Einhalten von Zielen müssen die Treibhausgasemissionen gemessen und gemanagt werden. Das kennt man bereits aus den Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen. Doch wie berechnet man Treibhausgasemissionen und welche Programme sind für die entsprechenden Einsatzzwecke geeignet?
In diesem Beitrag werden drei Rechner vorgestellt, die für die Berechnung von unternehmensbezogenen CO2-Emissionen geeignet sind. Diese sind:
CO2-Berechnung in Umweltmanagementsystemen: Bayrisches Landesamt für Umwelt, Excel-Datenblatt
Bilanzierung der betrieblichen Umweltkennzahlen bei Finanzinstituten: VfU Kennzahlen Tool 2022
Treibhausgasbilanzierung für Unternehmen: ecocockpit
Bei dem Excel-Datenblatt des Bayrischen Landesamts für Umwelt handelt es sich um ein einfaches Berechnungstool. Das VfU Kennzahlentool 2022 und ecocockpit gehen einen Schritt weiter und betrachten auch den wesentlich komplexeren Teil von CO2-Emissionen, die nicht selbst (direkt), sondern von außenstehenden Beteiligten verursacht werden und somit indirekt mit in die Bilanz einfließen: die sogenannten Scope 3-Emissionen. Kein CO2-Rechner kann diese Emissionen vollständig und lückenlos abdecken. Hier empfiehlt sich eine externe Beratung.
Bevor die Rechner vorgestellt werden, wird das Thema CO2-Berechnung näher beleuchtet. Dies ist wichtig, denn allzu häufig werden CO2-Emissionen und die damit verbunden Begriffe falsch eingesetzt.

2 Begriffserklärungen

2.1 Der Carbon Footprint

Was bedeutet eigentlich „CO2-Fußabdruck”? Der „CO2-Fußabdruck” (engl.: „Carbon Footprint”) gibt die Menge an Treibhausgasemissionen an, die beispielsweise eine Person, eine Organisation oder eine Veranstaltung direkt oder indirekt verursacht [4]. Dabei ist „CO2-Fußabdruck” eine Weiterentwicklung des Begriffs „ökologischer Fußabdruck”, der in den 1990er-Jahren entstand. In dieser Zeit wurde auch die Serie ISO 14040 ff. veröffentlicht. Die Norm regelt die Erstellung produktbezogener Ökobilanzen (engl.: LCA – Life Cycle Assessment) und dient u. a. der Erfassung aller Stoff- und Energieströme, die im Laufe eines Produktlebenszyklus entstehen. Dabei bezeichnet der Produktlebenszyklus die Rohstoffgewinnung, Herstellung, Nutzung und Entsorgung eines Produkts, also „from cradle to grave” (zu Deutsch: „von der Wiege bis zur Bahre”). Der häufig verwendete Begriff „cradle to gate” umfasst demgegenüber die Untersuchung der ersten beiden Lebenszyklen (Rohstoffgewinnung und Herstellung) und stellt keine vollständige Ökobilanz dar (s. Abb. 1).
Abb. 1: Der Lebensweg eines Produkts
Ziel einer Ökobilanz
Ziel einer Ökobilanz ist die Analyse der potenziellen Umweltwirkungen einer funktionalen Einheit anhand der im Verlauf seines Lebenswegs entstehenden Verbräuche (Inputs) und Emissionen (Outputs). Unter einer „funktionalen Einheit” versteht man die Bezugsgröße und den Nutzen des Systems, den es für Vergleichszwecke zu erfüllen gilt (z. B. Transport von fünf Personen über 100 Kilometer). In die Wirkungsabschätzung fließen frei wählbare Kategorien ein, wie beispielsweise die terrestrische Versauerung und Eutrophierung, die Naturraum- und Ressourcenbeanspruchung sowie der Treibhauseffekt [5]. Die letztgenannte Wirkungskategorie wurde mit der politischen Thematisierung der Klimaveränderung immer populärer und von der Öffentlichkeit intensiver aufgegriffen. So ist aus der ganzheitlichen Ökobilanz die schlankere Version „CO2-Bilanz” entstanden. Die ISO 14040 ff. ist somit die „Mutter” und bis heute das große Vorbild für die Erstellung von Klimabilanzen und CO2-Fußabdrücken, nicht nur von Produkten und Dienstleistungen.

2.3 Product Carbon Footprint

Mit der Popularität des Begriffs CO2 wuchs die Anzahl der Rechner im Internet, mit denen z. B. Flugemissionen ermittelt werden können. Für einige Unternehmen in Deutschland wurde das Thema CO2-Fußabdruck interessant, als 2008 die PAS 2050 (Specification for the assessment of the life cycle greenhouse gas emissions of goods and services) veröffentlicht wurde. Diese Methode wurde von Carbon Trust in Kooperation mit dem Department für Environment Food und Rural Affairs (Defra) sowie dem britischen Normungsinstitut (BSI) zur Ermittlung von produktspezifischen Treibhausgasemissionen veröffentlicht. Die viertgrößte Supermarktkette TESCO erprobte diese Methode und forderte ihre deutschen Lieferanten auf, an der Erhebung von Daten mitzuwirken. So konnten produktspezifische Treibhausgasbilanzen von Produkten, wie beispielsweise von Wein aus Rheinland Pfalz, der in englischen Tesco-Supermärkten verkauft wird, ermittelt und veröffentlicht werden.

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