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06003 Der Energiebeauftragte im Wandel

Technische Weiterentwicklungen, neue rechtliche Maßgaben, Einsparmaßnahmen, politische Entwicklungen, Industrie 4.0 – der stetige Wandel unserer Arbeitswelt macht auch vor der Normenwelt nicht halt. Dieser Beitrag zeigt, inwieweit die Normrevision und der voranschreitende Stand der Technik die Anforderungen an Energieverantwortliche und deren Kompetenzen beeinflussen.
von:

1 Einführung

Dieser Beitrag zeigt, inwieweit die Normrevision und der voranschreitende Stand der Technik die Anforderungen an Energieverantwortliche und deren Kompetenzen beeinflussen.
EnMS in Deutschland
In keinem Land lassen sich so viele Unternehmen nach ISO 50001 zertifizieren wie in Deutschland – natürlich vor allem bedingt durch die vorherrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Zwar immer noch weit entfernt von der Anzahl der Zertifikate im Bereich Qualitätsmanagement (ca. 47.500), konnten 2018 in Deutschland über 6.000 akkreditierte Zertifikate ausgestellt werden. Mit nur knapp 2.400 Zertifikaten folgt China auf dem zweiten Platz.
Abb. 1: Anzahl ausgestellter Zertifikate nach ISO 50001 in Deutschland und wichtige Randdaten; für 2018 hell dargestellt die Anzahl der zertifizierten Standorte ergänzend [1]
Während für eine Vielzahl von Unternehmen zunächst die Pflicht und/oder die Möglichkeit zur Steuererleichterung den Ausschlag zur Einführung eines Energiemanagementsystems (EnMS) gegeben hat, zeigt die Erfahrung heute, dass immer mehr Firmen tatsächlich auch im systemischen Bereich davon profitieren. Doch was müssen Unternehmen leisten, um ein wirksames EnMS intern aufrechtzuerhalten? Reicht es, einfach die Grundlagen 2009 bzw. 2011 weiterzuführen? Sicher nicht! Denn die Industrie ist im stetigen Wandel. Technische Weiterentwicklungen, neue rechtliche Maßgaben, Einsparmaßnahmen, politische Entwicklungen etc. – all dies erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit seitens der Unternehmen.
Normenwelt im Wandel
Doch auch vor Normen machen solche Entwicklungen nicht halt. Mit dem Übergang von der EN 16001 zur ISO 50001 erfolgte der erste Wandel in der Welt des EnMS. Drei Jahre später wurden die Anforderungen an die Zertifizierung durch die ISO 50003 spezifiziert, 2018 kam dann die Revision der ISO 50001 – selbstverständlich wieder mit gefühlt neuen bzw. erweiterten Anforderungen.
Kompetenzanforderungen
Für Unternehmen ist also auch im Rahmen von Managementsystemen Stillstand tabu – vielmehr ist eine fortlaufende Weiterentwicklung zwingend notwendig, um die heutigen und zukünftigen Anforderungen erfüllen zu können. Aber spiegelt sich dies auch in den notwendigen Kompetenzen der Personen wider, die für die Implementierung und Aufrechterhaltung des Managementsystems zuständig sind? Müssen Unternehmen zukünftig mehr in Aus- und Weiterbildung investieren oder Spezialisten engagieren? Welchen Einfluss hat „Industrie 4.0” – macht sie alles einfacher oder doch komplexer für die Managementverantwortlichen?
Ein Blick in die Normen zeigt, welche Kompetenzanforderungen und Aufgabenbereiche überhaupt erfüllt werden müssen.

2 Energiemanagement in Normen

Von den Vorfahren lernen
Ist Energiemanagement eine Erfindung des 21. Jahrhunderts? Weit gefehlt! Schon unsere Vorfahren waren darauf bedacht, Höhlen und Zelte bestmöglich abzudichten und mit dem geringstmöglichen Einsatz von Ressourcen bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Klar, es gab keine Handbücher und sicher auch keine dokumentierten Verfahren. Allein Instinkt und Verfügbarkeiten führten dazu, sparsam mit Ressourcen umzugehen und ein effizientes „Energiemanagement” umzusetzen. Und sicher gab es auch die erfahrenen Stammeshäupter, die hier und da aus ihrer Erfahrung Verbesserungspotenziale aufzeigten und die Rolle des „Ur-Auditors” übernahmen.
Zurück in der Neuzeit waren es vor allem Preissteigerungen bei Strom, Gas und Öl (z. B. im Jahr 2004), die Einsparung von Energie wieder zu einer der höchsten Prioritäten machte und Unternehmen dazu brachte, sich verstärkt um Einsparungen bei allen großen Energieverbrauchern zu bemühen. Die Folgejahre wurden gespickt mit rechtlichen Regelungen hinsichtlich Energieeinsparungen – nicht zuletzt, um die Kyoto-Ziele zu erreichen:
Europäische Energieeffizienzrichtlinie vom April 2006
2007 Meseberg: Integriertes Energie- und Klimaprogramm (IKEP)
Nationaler Energieeffizienzplan (2008)
§ 41 EEG
Am 01.07.2009 trat dann mit der EN 16001 „Energiemanagement” (seit 01.08.2009 auch als DIN EN 16001) die erste Managementsystemnorm für Energie in Kraft. Nicht sektorspezifisch ausgerichtet, konnte sie von unterschiedlichsten Organisationen (von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bis zur Bundesbehörde) angewandt werden.

2.1 EN 16001 [2]

Als „Einstieg” in das Thema hat die Norm sicher nur Grundsätze gefordert, oder? Nun, holen wir das Dokument einmal aus dem Schrank, pusten den Staub runter und schauen, welche Anforderungen die Norm damals bereits an verantwortliche Personen gestellt hat.
Ein Augenmerk legen wir dabei besonders auf die Absätze 3.2, 3.3 und 3.4.1 sowie A.4.1.
Energiemanagementvertreter oder Energiemanager
Verantwortlich für das gesamte System ist das Topmanagement. Dieses soll „einen Managementvertreter benennen, welcher ungeachtet anderer Verantwortlichkeiten festgelegte Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Befugnisse haben muss […].” (EN 16001 Nr. 3.4.1)
Dieser Managementvertreter kann auch Energiemanager genannt werden (Anmerkungen EN 16001 Nr. 3.4.1). Im Anhang A.4.1 findet sich bereits der bekannte Begriff „Beauftragter”.
So weit, so gut – aber welche Kompetenzen musste denn nun der Energiemanager haben?
Die Norm fordert dazu nichts Direktes. Lediglich, dass er über „hinreichende Qualifikation und Kompetenz bezüglich Energie und Verbesserung der Energieeffizienz” (EN 16001 Nr. 3.4.2) verfügen muss. Also werfen wir einen weiteren Blick auf seine Aufgaben, die er teilweise gemeinsam mit dem Topmanagement zu erfüllen hat:
Festlegen von Bilanzgrenzen, Energieverbräuchen und –faktoren (= Einflussgrößen auf den Energieverbrauch),
Identifikation von Hauptverbrauchern,
Identifikation aller Personen, deren Aktivität zu wesentlichen Veränderungen im EnMS führen,
Verbesserung der energetischen Leistung (durch entsprechende Maßnahmen),
Sicherstellen von Informationen durch Messungen,
Identifikation und Priorisierung von Möglichkeiten,
Compliance-Sicherung,
Ziel- und Maßnahmenplanungen.
Kompetenzanforderungen
Daraus lassen sich notwenige Kompetenzen bereits ziemlich gut ableiten. Der Energiemanager muss einen guten Blick auf die Funktionsfähigkeit des Unternehmens haben und er muss die Prozessschritte und deren Wechselwirkungen kennen, woraus sich indirekt die Forderung nach technischem Verständnis ableiten lässt. Um Ziele und Maßnahmen definieren und dem Topmanagement vorstellen zu können, muss dieses Verständnis dem Stand der Technik entsprechen und zukünftige Entwicklungen müssen gut bekannt sein. Neben der Normkenntnis sind auch wirtschaftliches und strategisches Denken an dieser Stelle von Vorteil.
Abb. 2: Zusammenfassung der Kompetenzen nach EN 16001, eigene Darstellung

2.2 ISO 50001:2011 [3]

Auf dem Weg zur internationalen Anerkennung wurde die EN 16001 überarbeitet und schließlich durch die erste ISO 50001 abgelöst. Diese trat im November 2011 in Kraft.
Es liegt nahe, sich zunächst einmal die wichtigsten Änderungen anzuschauen, um daraus Rückschlüsse auf unsere Kernfrage der Kompetenzanforderungen zu ziehen. Dabei kann man bereits ruhig die Anforderungen der neuen ISO 50001:2018 im Hinterkopf haben – das ein oder andere wird vielleicht überraschen.
Der Energiebeauftragte und sein Team
Hinsichtlich der direkt niedergeschriebenen Anforderungen zum Thema Kompetenzen gibt es keine großen Änderungen im Vergleich zur EN 16001.
Allerdings hat das Topmanagement nur eine Verpflichtung zur Unterstützung des EnMS sowie zur kontinuierlichen Verbesserung seiner Wirksamkeit. Um Verantwortungen und Befugnisse weiterzugeben, muss ein Managementbeauftragter (EnMB) ernannt und ein Energiemanagementteam gebildet werden. Diese müssen über „hinreichende Fähigkeiten und Kompetenzen” (ISO 50001:2011 Nr. 4.2.1/4.2.2;) verfügen.
Es lastet nun ein wenig mehr Verantwortung auf dem EnMB, der jedoch in der Regel durch ein Team unterstützt wird. Also keine bedeutenden Neuerungen.
EN 16001 vs. ISO 50001
Blicken wir also auf inhaltliche Anpassungen, um wiederum die Kompetenzen über die Aufgaben des EnMB definieren zu können.
Energiepolitik:

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