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05402 Life Cycle Costing – eine Methode des ganzheitlichen Kostenmanagements

Bei der Lebenszykluskostenrechnung (englisch: „Life Cycle Costing”, LCC) handelt es sich um ein periodenübergreifendes Kostenrechnungskonzept, das alle relevanten Kosten im gesamten Zeitraum von der Entwicklung und Markteinführung eines Produkts über die Nutzung bis hin zu dessen Entsorgung kostenrechnerisch erfasst und analysiert. Gemäß § 8a (1) Nr. 4 EDL-G sollen Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die im Rahmen des Energieaudits entwickelten Energieeffizienzmaßnahmen auf einer Lebenszykluskostenanalyse basieren. Wo die Durchführung einer solchen Analyse einen unverhältnismäßig hohen Aufwand darstellt oder Angaben des Herstellers dazu nicht verfügbar sind, kann auf die Lebenszykluskostenbetrachtung verzichtet werden. Die Berechnung der Amortisationszeiten von identifizierten Einsparpotenzialen ist jedoch in jedem Fall notwendig.
In diesem Beitrag wird das Life Cycle Costing erläutert. Auf der Website des Bundesumweltamts finden Sie Links zu Tools und Arbeitshilfen, die Sie bei der Anwendung unterstützen (http://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/umweltfreundliche-beschaffung/berechnung-der-lebenszykluskosten)
Arbeitshilfen:
von:

1 Warum Life Cycle Costing?

Schwächen herkömmlicher Kostenrechnungssysteme
Herkömmliche Kostenrechnungssysteme verfolgen eine kurzfristige, periodenbezogene Sicht, wonach die innerhalb eines Zeitraums, z. B. in einem Jahr oder einem Monat, angefallenen Kosten den in derselben Periode produzierten und verkauften Produkten zugerechnet werden. Durch diese willkürliche Unterteilung in Perioden ist nicht ersichtlich, welche Kosten und Erlöse während des gesamten Lebenszyklus des Produkts entstehen, insbesondere vor der Markteinführung und nach der Einstellung des Verkaufs.
Kosten- und Erlösverschiebungen
In der Praxis ist zu beobachten, dass es bei immer mehr Produkten zu Kosten- und Erlösverschiebungen innerhalb des Lebenszyklus kommt. Während die Anschaffungskosten zunehmend in den Hintergrund treten, spielen die Nutzungs- und Nachsorgekosten eine immer bedeutendere Rolle. So amortisieren geringere Energie- und Betriebskosten von umweltfreundlichen Produkten nicht selten die zumeist höheren Anschaffungskosten in kurzer Zeit. Dazu kommt, dass umweltfreundliche Produkte oftmals einen höheren Wiederverkaufswert haben als herkömmliche, was ebenfalls eine Totalbetrachtung von Erlösen und Kosten über den gesamten Produktlebenszyklus erfordert.

2 Konzept des Life Cycle Costing

Anwendung
Das aus den USA stammende, ursprünglich für Großprojekte im militärischen Bereich entwickelte Life Cycle Costing wird heute insbesondere bei Anlagen und größeren Investitionsvorhaben angewendet, so z. B. im Maschinen- und Großanlagenbau, bei der Softwareentwicklung sowie im Schiffs-, Flugzeug-, Automobil- und Gebäudebau. Die Anwendung des Life Cycle Costing ist insbesondere bei Produkten zu empfehlen,
bei denen durch eine Senkung der Nutzungs- und Wartungskosten erhebliche Einsparungen erzielt werden können,
die einen hohen Energieverbrauch aufweisen,
bei denen eine lange Nutzungsdauer erwartet wird,
die hohe Anfangsinvestitionen verursachen und
bei denen hohe Entsorgungskosten anfallen [1].
Ziele des Produktlebenszyklus
Das Hauptziel des Life Cycle Costing besteht in einer vollständigen Erfassung und Bewertung aller Kosten und Erlöse eines Produkts bzw. Investitionsvorhabens, die während seiner gesamten Lebensdauer auftreten, woraus sich vier bedeutsame Unterziele ableiten lassen [2]:
1.
Prognoseziel: Es sind Folgekosten und nicht monetäre Folgekosten, die eine Handlung nach sich ziehen, festzulegen, wodurch insbesondere Soll-Ist-Vergleiche ermöglicht werden.
2.
Abbildungsziel: Um eine Basis für Entscheidungen zur Produktoptimierung zu schaffen, sind die vollständigen Kosten und Erlöse eines Produkts darzulegen.
3.
Erklärungsziel: Darüber hinaus ist es notwendig zu verstehen, wie die Folgekosten und nicht monetäre Konsequenzen zusammenhängen. Dies sollte mithilfe des Life Cycle Costing erkannt und erklärt werden.
4.
Gestaltungsziel: Durch die gewonnenen Informationen besteht jetzt die Möglichkeit, in den frühen Lebenszyklusphasen des Produkts Chancen für die Gestaltung der Kosten zu erkennen sowie Potenziale zur Senkung der Kosten auszuschöpfen.

2.1 Phasen, Kosten und Erlöse im Produktlebenszyklus

Phasen des Produktlebenszyklus
Wie bereits angedeutet, besteht der Produktlebenszyklus nicht nur aus der Marktphase, in der das Produkt im Markt eingeführt und anschließend von den Kunden genutzt wird, sondern darüber hinaus aus einer Vorlauf- und einer Nachsorgephase. Dabei ist zu beachten, dass Überlappungen bei diesen Phasen auftreten können. So beginnt z. B. die Nachsorgephase eines Produkts bereits dann, wenn die erste Produkteinheit verkauft ist, da ab diesem Zeitpunkt Gewährleistungs-, Wartungs- und Reparaturleistungen für das verkaufte Produkt anfallen können. Abbildung 1 zeigt die Phasen des Produktlebenszyklus und die phasenbezogenen Aktivitäten.
Abb. 1: Phasen des Produktlebenszyklus
Kosten- und Erlöskategorien im Produktlebenszyklus
So entstehen Kosten und Erlöse nicht nur in der Markt- bzw. Nutzungsphase eines Produkts. Sie können darüber hinaus in der Vorlauf- und Nachsorgephase anfallen, zu denen Tabelle 1 eine Übersicht zeigt.
Tabelle 1: Kosten- und Erlöskategorien im Produktlebenszyklus [3]
Vorlaufphase
Vorlaufkosten
technologische Vorlaufkosten (F&E)
Vorlaufkosten des Vertriebs, (z. B. für die Marktforschung)
sonstige Vorlaufkosten (z. B. für die Organisation)
Anpassungs-/Änderungskosten (z. B. für Produktverbesserungen)
Vorlauferlöse
Subventionen für F&E
Steuervergünstigungen durch F&E
Marktphase
begleitendeKosten
Einführungskosten (Ersteinführung, Relaunch)
Betriebs- und Unterhaltungskosten (Energiekosten, Kosten zur Trinkwasserbereitstellung und Abwasserentsorgung, Steuern, Versicherungsbeiträge, Schulungskosten)
Auslaufkosten
 
begleitende Erlöse
Aktionserlöse
laufende Erlöse
Nachsorgephase
Folgekosten
Wartungskosten
Reparaturkosten
Gewährleistungs- und Garantiekosten
Kosten für Ausmusterung
Kosten für Abfallbeseitigung
Kosten für Verwertung
sonstige Folgekosten (z. B. für Ersatzteilhaltung)
 
Folgeerlöse
Verkaufserlöse (Restwerte), sofern die Produkte noch verkäuflich sind
Wartungserlöse
Reparaturerlöse
Verwertungserlöse aus Recycling
sonstige Erlöse (z. B. Ersatzteilerlöse)
Trade-offs zwischen Produktlebenszyklusphasen
Das Life Cycle Costing macht durch die Betrachtung des gesamten Produktlebenszyklus wechselseitige Abhängigkeiten transparent und ermöglicht eine Beeinflussung dieser Trade-offs, um das Produkt bzw. die bei dem Produkt entstehende Kostenverteilung zu optimieren. So ist es oftmals möglich, durch eine Intensivierung der Konstruktions- und Entwicklungsaktivitäten, die hier zu höheren Kosten führen, eine Senkung der Fertigungskosten zu erzielen, z. B. durch die Verwendung von Standardmaterial, das auf Standardmaschinen und nicht auf kostenintensiven Spezialmaschinen verarbeitet werden kann. Darüber hinaus können beispielhaft weitere Trade-offs genannt werden [4]:
Die qualitativ bessere, in der Regel aber kostenintensivere Ausgestaltung eines Produkts verringert dessen Schadensanfälligkeit und damit die Garantiekosten.
Ein funktionell ausgereiftes Produkt mit hohem Kundennutzen bietet die Chance auf hohe Absatzpreise bei gleichzeitig höheren Kosten für die Entwicklung und Herstellung.
In der Entwicklung und Fertigung beachtete Recyclingaspekte senken die späteren Kosten aus Rücknahme- und Entsorgungsverpflichtungen.
Die Ausdehnung der Entwicklungszeit eines Produkts verkürzt in aller Regel die Marktphase für das Unternehmen.
Abbildung 2 veranschaulicht die Trade-offs zwischen den Lebenszyklusphasen beim Life Cycle Costing, die zu einer Kostensubstitution zwischen den Anschaffungs-, Markt-/Betriebs- und Nachsorgekosten führten.
Abb. 2: Trade-offs beim Life Cycle Costing

2.2 Perspektiven im Life Cycle Costing

Beim Life Cycle Costing kann die Erfassung und Analyse der Gesamtkosten eines Produkts aus zwei verschiedenen Perspektiven gesehen werden.

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