-- WEBONDISK OK --

08101 Energiewertstrom – Steigerung der Energieeffizienz in der Produktion

Um systematisch die Energieeffizienz in Produktionsprozessen zu steigern, wird die vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung weiterentwickelte Wertstrommethode um den Aspekt des Energieverbrauchs erweitert. Das Vorgehen umfasst insgesamt drei Schritte: Die transparente Erfassung der Istsituation mit der Energiewertstromanalyse, die Entwicklung eines verbesserten Sollzustands mit dem Energiewertstromdesign sowie die Umsetzung der effizienzsteigernden Maßnahmen im Energiemanagement. Neben der detaillierten Darstellung der ersten zwei Schritte liefert dieser Beitrag zwei Beispiele aus der Praxis. Die Energiewertstrommethode ist eine überschaubare und leicht anwendbare Methode zur ganzheitlichen Erfassung, Bewertung und Optimierung produktionsprozessbedingter Energieverbräuche. Sie bietet damit auch eine interessante Möglichkeit für die Durchführung der energetischen Bewertung im Rahmen der Einführung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001.
von:

1 Zielsetzung der Vermeidung von Energieverschwendung

In vielen Unternehmen sind kaum genaue Informationen über den Energiebedarf einzelner Produktionsprozesse bekannt. Um nun den Energieverbrauch zu erfassen und systematisch Verbesserungsmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Produktion zu erarbeiten, wurde am Fraunhofer IPA (Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung) die Wertstrommethode, die seit vielen Jahren erfolgreich in der Produktionsoptimierung eingesetzt wird, um die Perspektive des Energieverbrauchs erweitert. Mit der Energiewertstromanalyse werden dabei im ersten Schritt alle relevanten Energiebedarfe in der Produktion gemessen. Dadurch wird der Energieverbrauch transparent entlang der Wertschöpfung produktbezogen dargestellt. Das Energiewertstromdesign stellt zweitens acht Gestaltungsrichtlinien zur Steigerung der Energieeffizienz zur Verfügung. Diese Richtlinien bauen systematisch aufeinander auf und bieten damit einen Leitfaden zum Redesign der Produktion unter energetischen Gesichtspunkten. Im dritten Schritt werden die daraus abgeleiteten Maßnahmen umgesetzt, was an zwei Praxisbeispielen illustriert wird. Die Energiewertstrommethode bietet eine hervorragende Grundlage zur Einführung eines Energiemanagementsystems in der Produktion.
Steigerung der Energieeffizienz
Die Produktionskosten stehen in der aktuellen Zeit mehr denn je unter starkem Druck. Nur wer seine Produktionsprozesse effizient gestaltet, kann sich in Zeiten wachsender Globalisierung dem weltweiten Wettbewerb erfolgreich und nachhaltig stellen. In jüngster Zeit findet das in der Vergangenheit zumeist stiefmütterlich behandelte Thema der Energieeffizienz eine immer bedeutendere Rolle. Denn gerade im Energiebereich sind die Kostenentwicklungen schwer vorhersagbar und auch kurzfristig sind extreme Preissteigerungen möglich. Die Minimierung des Energieverbrauchs setzt bei unverändertem Produktionsumfang eine Steigerung der Energieeffizienz voraus. Die Forderung hiernach bietet gleichzeitig großes Potenzial zum Erreichen ökonomischer, gesellschaftlicher und ökologischer Ziele (s. Abb. 1).
Kosteneinsparungen
In unternehmerischer Sicht an erster Stelle stehen dabei die Kosteneinsparungen, die sich zum einen aus der absoluten Reduktion des Energieverbrauchs sowie zum anderen aus der möglichen Tarifreduktion bei durch Abbau von Bedarfsspitzen vergleichmäßigtem Energieverbrauch ergeben. Die dazu erforderlichen Investitionen amortisieren sich zuweilen bereits innerhalb weniger Monate, sodass diese Maßnahmen allein aus Gründen der Wirtschaftlichkeit angezeigt sind.
Verminderung von Umweltbelastungen
Nicht weniger notwendig, wenn auch nicht ganz so beliebt, ist zweitens die Erfüllung rechtlicher Vorschriften zum Klimaschutz und zur Verminderung von Umweltbelastungen. Dies ist heutzutage häufig mit finanziellen Anreizen verbunden – entweder kostensteigernd mit dem Zwang zum Kauf von Emissionsrechten, wobei hier eine verbesserte Energieeffizienz zu verminderten Belastungen führt, oder aber kostensenkend mit Fördermitteln für den Einsatz bestimmter Technologien (beispielsweise Kraft-Wärme-Kopplung) oder zur Entwicklung effizienterer Technologien (Forschungsförderung, Bundesumweltstiftung etc.). Mit diesem rechtlichen Grund zur Steigerung der Energieeffizienz verbunden mag durchaus auch die Verwirklichung ökologischer Ziele per se sein. Dieses Bestreben unternehmerischen Engagements, eine möglichst nachhaltige und ressourcenschonende Produktion zu verwirklichen, hieße dann, eine in wirtschaftlich vertretbarem Ausmaß möglichst hohe Umweltverträglichkeit zu erreichen.
Abb. 1: Das Zieldreieck der Nachhaltigkeit
Eine konsequente Ausrichtung auf die Energieeffizienz setzt drittens eine Verankerung in der Unternehmenskultur voraus. Damit angestrebte Ziele sind die Steigerung der Mitarbeitermotivation sowie die Sicherstellung eines positiven Firmenimages durch die glaubhafte Berücksichtigung ökologischer Belange. Die Anwendung der Energiewertstrommethode kann bereits der erste Schritt zur strategischen Verankerung des Themas im Unternehmen sein.
Störungsfreie Energiebereitstellung
Die drei genannten Ziele dienen gemeinsam der Nachhaltigkeit der Produktion durch einen rationellen Energieeinsatz. Die explizite Betrachtung der Energieeffizienz sollte zudem zusätzlich die Aufmerksamkeit auf die Sicherstellung einer störungsfreien Energiebereitstellung lenken. Dies zeigt sich auch darin, dass eine der Gestaltungsrichtlinien des Energiewertstromdesigns explizit auf die Energieerzeugung innerhalb des Werkes eingeht. Dieser Aspekt der lokalen Energieerzeugung wird künftig eine zunehmende Bedeutung haben und für das Unternehmen eine erhöhte Eigenverantwortlichkeit für die Versorgungssicherheit bedeuten.

2 Energiewertstrommethode zur Einführung eines Energiemanagementsystems

Um eine Steigerung der Energieeffizienz zu erreichen, ist es erforderlich, detaillierte Aussagen bezüglich des Energieeinsatzes in der Produktion zu treffen. In vielen Unternehmen fehlen jedoch die notwendigen Informationen über den Umfang, in dem die einzelnen Energiearten zum Einsatz kommen. Darüber hinaus sind die Anteile der einzelnen Systeme am Energieverbrauch des Unternehmens häufig unbekannt. Derartige Informationsdefizite erschweren das Erkennen von Verbesserungspotenzialen erheblich.
Wertstromanalyse und -design
Um nun eine genaue Kenntnis der innerbetrieblichen Energieverbräuche sowie eine systematische Entwicklung von Verbesserungsmaßnahmen zu erreichen, ist die in der industriellen Praxis seit vielen Jahren bei der Produktionsoptimierung bewährte Wertstrommethode in Hinblick auf die Effizienzsteigerung des Energieeinsatzes weiterentwickelt worden. Bei der Wertstrommethode dient zunächst die Wertstromanalyse dazu, den Istzustand einer Produktion mit allen Produktionsprozessen, dem Materialfluss und dem Informationsfluss übersichtlich und umfassend mit einfachen Symbolen darzustellen. Daran anschließend ermöglicht das Wertstromdesign durch systematische Anwendung von Gestaltungsrichtlinien die Konzeption eines effizienten Produktionsablaufs sowie die Visualisierung des Sollzustands mit den geplanten Verbesserungsmaßnahmen.
Integration von Energiedaten
Durch die Integration von Energiedaten in die Wertstrommethode lassen sich im Gegensatz zu vielen klassischen Konzepten der Energieverbrauchsoptimierung nicht nur die lokale Verbesserung einzelner Bereiche erzielen, sondern vielmehr eine gesamthafte Erfassung, Bewertung und Optimierung aller prozessbedingten Energieverbräuche. Der Energiebedarf wird außerdem nicht auf Einzelanlagen bezogen bewertet, sondern über die ganze Wertschöpfungskette hinweg auf das jeweilige Produkt bezogen.
Die Energiewertstrommethode verbindet somit die Vorteile der Prozessoptimierung mit der Berücksichtigung der Energieverbräuche. Sie ermöglicht damit das Erreichen der folgenden Ziele:
Identifikation der wesentlichen Energieverbraucher
Schaffung von Transparenz über den Energieverbrauch entlang der Wertschöpfungskette
Erkennen von Optimierungspotenzialen hinsichtlich des Energieverbrauchs
Ableiten von Verbesserungsmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz
Kostenersparnis bei gleichzeitigem Erreichen ökologischer Vorgaben
Grundlage für die strategische Verankerung des Themas Energie in der Produktion
Vorgehensweise in drei Schritten
Die grundsätzliche, methodisch bewährte Vorgehensweise bleibt erhalten, ist jedoch durch zusätzliche, energiebedarfsbezogene Komponenten zu ergänzen. Das Vorgehen umfasst insgesamt drei Schritte: Die Erfassung der Istsituation mit der Energiewertstromanalyse, die Entwicklung eines Sollzustands mit dem Energiewertstromdesign sowie die Umsetzung der effizienzsteigernden Maßnahmen im Energiemanagement (s. Abb. 2).
Abb. 2: Die drei Schritte der Energiewertstrommethode
1. Schritt: Energiewertstromanalyse
Mit der Energiewertstromanalyse werden im ersten Schritt die Produktionsprozesse mit allen relevanten Material- und Informationsflüssen erfasst und anhand einer überschaubaren Darstellung leicht nachvollziehbar dargestellt. Ergänzend wird hierbei der Energieverbrauch jedes Prozessschritts mit aufgenommen. Hierdurch wird der Energieverbrauch transparent und zurechenbar. Die Erfassung der Verbrauchswerte erfolgt zumeist unter Zuhilfenahme mobiler Messgeräte. Aber auch stationäre Messwertzähler sowie sonstige Informationen zu Verbrauchsdaten geben Aufschluss über die jeweils eingesetzte Energie. Berücksichtigt werden alle für den Produktionsprozess bedeutsamen Energiearten. Neben der elektrischen Energie sind dies vor allem Energieverbräuche für die Erzeugung von Druckluft sowie prozessbedingte Heiz- und Kühlleistung durch Klimatisierung, Prozesswasser, Dampf oder Kühlgas. Durch die Bildung von produkt- und prozessbezogenen Kennzahlen lässt sich der Energieverbrauch anschließend bewerten und das Potenzial zur Verbesserung ableiten.

Weiterlesen und „Praxis Energiemanagement digital“ 4 Wochen gratis testen:

  • Das komplette Know-how in Sachen Energiemanagement und Energieeffizienz
  • Zugriff auf über 150 Fachbeiträge und 80 Arbeitshilfen
  • Onlinezugriff – überall verfügbar


Sie haben schon ein Abonnement oder testen bereits? Hier anmelden

Ihre Anfrage wird bearbeitet.
AuthError LoginModal