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07208 „Energiemanagement 4.0” – Einführung und Anwendung eines Energie-Monitoring-Systems bei Bosch

Praxisbericht und Vorstellung eines bei Bosch eingeführten Online-Tools, mit dessen Hilfe Energieverbräuche in Abhängigkeit von Fertigungsprozessen transparent gemacht werden können. Durch die Analyse, Bewertung und Maßnahmenumsetzung sind anschließend Energieeffizienzverbesserungen im zweistelligen Prozentbereich realistisch.
von:

1 Einleitung

Anwendungsfall Energiemanagement
Das Thema Industrie 4.0 hat am Bosch-Standort Blaichach eine große Bedeutung und auch einen entsprechend hohen Reifegrad erreicht. Neben vielen Industrie-4.0-Lösungen in der Fertigung, im Service und in der Logistik wird das Thema Energiemanagement zwischenzeitlich auch als ein Anwendungsfall dieser Industrie-4.0-Lösungen behandelt. Der Grund hierfür liegt in der umfangreichen Datenermittlung aus verschiedensten Datenquellen und Systemen, deren Vernetzung und deren umfangreichen Analysemöglichkeiten.
Vernetzung aller Anlagen
In der Vergangenheit existierten zwei voneinander unabhängige Systeme. Zum einen die bei Bosch standardisierte zentrale Gebäudeleittechnik, die zur Steuerung und Regelung aller Gebäudemedien und Infrastrukturanlagen dient und die bereits vor mehreren Jahren als erster Schritt der Vernetzung mit Beschäftigungsmeldungen gekoppelt wurde. Zum anderen wird seit Jahren ein in Blaichach entwickeltes Fertigungs-Leitsystem eingesetzt, bei dem alle Fertigungs- und Produktionsanlagen miteinander vernetzt sind. Bei gegebener Zugangsberechtigung lassen sich über PC, Handy usw. alle Produktionsdaten von jeder Fertigungsanlage abrufen.
Schnelle Ermittlung von Einsparpotenzialen
Mit der Zusammenführung und geschickten Vernetzung beider Systeme durch ein Energie-Monitoring-Softwaretool galt es nun, einen sehr hohen Grad an Transparenz zu schaffen, durch den weitere Potenziale im Energiemanagement offensichtlich wurden und erschlossen werden konnten. Eine nutzerfreundliche und anwendungsorientierte Aufbereitung des Energiebedarfs in Abhängigkeit von Produktionsstückzahlen der einzelnen Fertigungsmaschinen soll einen schnellen Überblick über die energieeffizienten und – noch wichtiger – über die energieineffizientesten Maschinen und damit der Ausweisung von weiteren Energiereduzierungspotenzialen ermöglichen. Gesetzte Grenzwerte verbunden mit einem komfortablen Alarmsystem und hinterlegten Handlungsempfehlungen sollen die Basis für ein „schnelles Heben” von Kostenpotenzialen bilden.
Benutzerfreundlichkeit
Das Ziel war, ein Online-Tool zu entwickeln, das die beiden Systeme verknüpft und sowohl für Führungskräfte als auch Anlagenbediener zu einem alltäglich gerne angenommenen Standard wird. Die aktiv gestaltende und motivierende Arbeit aller Beteiligten an Prozessoptimierungen sollte zu einer Bewusstseinsänderung im Umgang mit unseren immer knapper werdenden Energieressourcen führen.
Abb. 1: Screenshot des Online-Tools „Energy Platform” – Übersicht Werkteil Immenstadt

2 Planung und Einführung eines Monitoring-Systems

Im Folgenden wird die Vorgehensweise beschrieben, von der ersten Idee eines Energie-Monitoring-Systems bis zur Einführung des Tools.

2.1 Anforderungen an das System

Grundlegende Anforderungen sind detaillierte Messungen von Verbräuchen und deren präzise zeitliche Zuordnung zu einzelnen Produktionsprozessen. Dies bildet die Grundlage für die umfassende Identifizierung von Optimierungspotenzialen. Es sollen individuell benötigte Auswertungen zur Gewinnung von relevanten Informationen erstellt werden. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, neue Energiekennzahlen und Auswertungen zu entwickeln, die über frei wählbare Zeiträume betrachtet werden können.
Anlagenstatus
Der Anlagenstatus soll detailgenau erfasst und in übersichtlicher Form dargestellt werden. Die genaue Darstellung von Energiedaten einzelner Anlagen als auch in aggregierter Form soll einen schnellen Vergleich zwischen Liegenschaften, Gebäuden oder Anlagen bieten.
Zuordnungen ermöglichen
Energieverbräuche und Produktionsdaten sollen Gebäuden, Kostenstellen oder Wertströmen zugeordnet und nach Zeiträumen mit individuellen Vorlagen dargestellt werden.
Berichterstattung
Der Versand der Energieberichte und Abrechnungen soll nach einem definierten Zeitplan automatisch oder durch manuellen Download erfolgen. Durch die Berichterstattung soll der Vergleich verschiedener Verbrauchszeiträume sowie von Gebäuden und Liegenschaften möglich sein.

2.1.1 Transparenzlevel

Ziele
Die Transparenz über Verbräuche und Kosten bis auf Maschinenebene ist Ausgangspunkt für eine ausführliche energetische Analyse aller Liegenschaften und Prozesse. Dadurch können vorhandene Optimierungspotenziale identifiziert werden, um anschließend die technische Infrastruktur hinsichtlich Versorgung und Produktion nachhaltig verbessern zu können.
Abb. 2: Hierarchischer Aufbau der Visualisierungsebenen

2.1.2 Reporting

Das Reporting beziehungsweise Berichtswesen soll vollautomatisch funktionieren. Berichte sollen über ein Usermanagement zielgerichtet zu frei definierbaren Zeitpunkten automatisch zugestellt werden können. Nicht nur datumgesteuerte Berichte, sondern auch zustandsgetriggerte Versendung soll möglich sein, z. B. bei Über- oder Unterschreitung von Warn- oder Alarmgrenzen.

2.1.3 Erkennung von Abweichungen bei Energieverbräuchen

Kontinuierliche Beobachtung aller Anlagen
Durch das Monitoring und Berichtswesen sollen außerplanmäßige und unerwünschte Energieverbräuche frühzeitig und vollständig erkannt werden. Die kontinuierliche Beobachtung aller Energieanlagen erlaubt bei einer Überschreitung eine schnelle Reaktion, um beispielsweise Lastspitzen zu vermeiden und Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

2.1.4 Höhere Betriebssicherheit und schnelle Reaktion im Störungsfall

Fehlermeldung per SMS oder Mail
Energieanlagen sollen durch Anbindung an das Energie-Monitoring-System in ihrer Funktion fortlaufend überprüft werden. Bei Unregelmäßigkeiten soll eine Fehlermeldung per E-Mail oder SMS ausgelöst werden, um den Ausfall von Betriebsprozessen zu minimieren.

2.1.5 Intelligente Optimierung der Energieanlagen

Mit der Erfassung von Verbräuchen und der Definition individueller Überwachungsregeln sollen unerwünschte Anlagenzustände schnell erkannt werden. Dies ist die Basis für eine kontinuierliche Optimierung von Anlagen.

2.1.6 Aggregation von Daten mehrerer Standorte

Nach Einzelerfassung aller Daten können Anlagenzustände und Verbräuche eines Gebäudes, von Wertströmen oder einer Liegenschaft sowie die Daten mehrerer Standorte übergreifend ausgewertet und bei Bedarf weltweit aggregiert dargestellt werden.
Detaillierte Vergleichsmöglichkeiten
Die Anbindung mehrerer Standorte erlaubt den detaillierten Vergleich der Energieverbräuche von Anlagen, Gebäuden oder Filialen und soll eine realistische Bewertung der energetischen Situation ermöglichen.

2.1.7 Verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen

Umweltbewusstsein signalisieren
Die Visualisierung des Energieverbrauchs soll sowohl zur Reduktion von Emissionswerten als auch zur Schaffung eines schonenden Umgangs mit Energie beitragen. Damit wird ein hohes Umweltbewusstsein gegenüber Dritten signalisiert.

2.1.8 Kosten/Nutzen-Betrachtung

Die Investitionen für die Implementierung und den Betrieb des Systems sollen sich innerhalb von zwei bis drei Jahren durch Energieeinsparungen in Anlehnung an die gültigen Kapitalrückflussdauern für Investitionen im Fertigungsbereich bezahlt machen.

2.1.9 Entscheidungs- und Kostenträger

Für die Entscheidung der einzuführenden Lösung einschließlich Roadmap sind Werkleiter und Energiemanager (Facility-Management) erforderlich. In der vorbereitenden Phase waren im Werk Blaichach aber auch ausgewählte Teilnehmer aus dem Energiemanagement-Team, Planungsbereich Fertigung und aus der IT-Abteilung im Spezifikationsprozess aktiv gewesen.
IT einbeziehen
Gerade bei der Vernetzung von verschiedenen Datenbanken und der Nutzung unterschiedlicher Datennetze spielen die IT-Fachleute eine entscheidende Rolle hinsichtlich Beurteilung und Freigabe des Datenvolumens, der Datenübertragung, Zugangsberechtigungen und Datensicherheit.

2.2 Spezifikation

2.2.1 Systemarchitektur

Abb. 3: Systemarchitektur
Anhand der Abbildung 3 „Datenarchitektur” lassen sich die wesentlichen Systemkomponenten darstellen und deren Zusammenhänge erläutern.

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