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03043 Mehr Photovoltaikzubau durch das Solarpaket?

Am 26. April 2024 wurde das Solarpaket I von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und am 15. Mai 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Solarpaket soll dem Ausbau der Photovoltaik noch einmal deutlichen Aufschwung geben und beinhaltet daher ganz unterschiedliche gesetzliche Änderungen. Das Ziel dabei ist klar: Der Photovoltaik-Ausbau soll künftig deutlich leichter und schneller als bislang erfolgen. Dafür werden unterschiedliche bürokratische Hürden abgebaut. Die Einzelheiten werden im Folgenden dargestellt.
von:

1 Einleitung

Das Solarpaket I (Gesetz zur Änderung des EEG und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung) wurde lange Zeit intensiv diskutiert. Bereits Mitte August 2023 wurde es durch das Bundeskabinett beschlossen und sollte ursprünglich zum Jahreswechsel in Kraft treten. Doch einen Streitpunkt gab es, der das Inkrafttreten des Gesetzes verzögerte: den sogenannten Resilienzbonus. Damit wollte der Gesetzgeber primär Lieferketten sichern und eine wettbewerbsfähige, europäische Produktion anreizen. Im Grundsatz durchaus sinnvoll, da Deutschland den überwiegenden Teil der installierten PV-Produkte importiert und dies vor allem aus China. In Europa gibt es derzeit keine integrierte PV-Fertigung, die ein international bedeutsames Volumen erreicht.
Die Auswirkungen dessen spürte die PV-Branche vor allem 2022, da durch die Coronapandemie und den Ukraine-Krieg die Verfügbarkeit importierter PV-Module sowie weiterer Bauteile wie beispielsweise Installationsmaterialien und Wechselrichter drastisch sank. So kam es zu Engpässen beim Import und zu international fehlenden Kapazitäten bei den Vorprodukten – insbesondere bei Leistungshalbleitern.
Resilienzbonus
Diese Lieferengpässe konnten weder Deutschland noch Europa auffangen, da es derzeit keine ausreichenden industriellen Produktionskapazitäten gibt, um die steigende Nachfrage nach Transformationstechnologien aus heimischer Produktion zu decken. Um dem entgegenzuwirken, wurde im Solarpaket I der sogenannte Resilienzbonus ins Spiel gebracht. Hiermit sollten Anlagenbetreiber eine extra Einspeisevergütung erhalten, wenn sie europäische Komponenten nutzen. Dies sollte wiederum zum (Wieder-)Aufbau europäischer industrieller Produktion im Bereich Transformationstechnologien führen und so Know-how, Unabhängigkeit, Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen sicherstellen. Darüber hinaus sollte mit dem Resilienzbonus die Wertschöpfung innerhalb der EU bleiben und Arbeitsplätze der europäischen Industrie gesichert werden. Laut Bundesverband Solar hätte dieser Bonus, je nach Anteil an europäischen Komponenten an der jeweiligen Gesamtanlage, in einer Spanne von 1 bis 3,5 Euro-Cent pro Kilowattstunde liegen können. [1]
Der Ansatz war jedoch von Anfang an höchst umstritten. Es wurde befürchtet, dass durch diese pauschale Subvention eine Wettbewerbsverzerrung stattfindet, die dann in einer möglichen Monopolstellung endet und dadurch eine künstliche Inflation der Preise für europäische PV-Komponenten entsteht. Auch wurde kritisch angemerkt, dass derzeit noch gar keine ausreichende Produktionskapazität möglich ist, was zu einer direkten Überlastung führt und so Lieferengpässe entstehen, die dann wiederum eine Verzögerung bei der Umsetzung von Solarprojekten nach sich ziehen könnten. All dies könnte den Ausbau der Photovoltaik letztlich mehr bremsen als voranbringen.
Kritisch betrachtet wurde zudem, dass mit dem Resilienzbonus die in Deutschland derzeit gefertigten Heterojunction-Module gefördert werden. Diese haben aber eine geringere Leistung als moderne TopCon-Module. Damit würde also eine veraltete Technik gefördert.
Dass grundsätzlich ein langfristiger Wiederaufbau lokaler Kapazitäten wichtig und eine gestärkte deutsche Solarindustrie erstrebenswert ist, steht außer Frage. Allerdings ist in der Fachwelt höchst umstritten, dass hier der Resilienzbonus wirklich unterstützt hätte. Daher hat man sich nach langen Diskussionen am 26. April 2024 darauf geeinigt, den Gesetzentwurf im Bundestag zu verabschieden – jedoch ohne den umstrittenen Resilienzbonus. Der Bundesrat hat es noch am gleichen Tag auf die Tagesordnung gesetzt und nicht beanstandet – eine Zustimmung war nicht erforderlich und der Vermittlungsausschuss wurde nicht angerufen. Das Gesetz wurde am 15. Mai 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt, vorbehaltlich einzelner Regelungen, am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Allerdings noch einmal einen Schritt zurück: Warum benötigen wir überhaupt das neue Solarpaket I?

2 Die deutschen Energiewendeziele und die Rolle der Photovoltaik

Deutschland hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, muss ein grundlegender Umbau des Energiesystems stattfinden.
Abb. 1: Treibhausgas-Minderung im Vergleich zu 1990, eigene Darstellung nach [2]
Neben dem Wärme- und Verkehrssektor spielt vor allem der Stromsektor eine entscheidende Rolle. Allen derzeitigen Szenarien nach wird Strom aus erneuerbaren Energien zukünftig eine wichtige Energieform sein.
Anstieg des Stromverbrauchs erwartet
Um diese Transformation des Energiesystems zu gewährleisten, hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, den Bruttostromverbrauch bis 2030 zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Dies ist nach wie vor eine große Herausforderung, da erneuerbarer Strom auch zunehmend in den Sektoren Verkehr (Elektromobilität) und Wärme (z. B. Wärmepumpen) eingesetzt wird. Denkbar wäre auch, erneuerbaren Strom in strombasierte Energieträger wie grünen Wasserstoff oder synthetische Energieträger (Power-to-Gas, Power-to-Liquid) umzuwandeln. Langfristige Szenarien zeigen, dass der jährliche Stromverbrauch in Deutschland trotz Einsparungen bei klassischen Stromverbrauchern (z. B. Beleuchtung) langfristig deutlich ansteigt – von gegenwärtig rund 550-580 Terawattstunden (TWh) auf mindestens 800–900 TWh im Jahr 2050. [3]
Um diesen Strombedarf durch erneuerbare Energien sicherzustellen, soll ein starker Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik erfolgen. Mit Windenergie und Photovoltaik weist die Stromproduktion deutlich niedrigere Kosten auf und sie sind zudem CO2-frei.
In Ausbauzahlen bedeutet dies, dass im Jahr 2030
115 Gigawatt Windenergie an Land,
215 Gigawatt Photovoltaik und
8,4 Gigawatt Biomasseanlagen
installiert sein müssen. Dann könnten, Prognosen zufolge, mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus EE-Erzeugung gedeckt werden.
Die aktuellen Ausbauzahlen von 2023 zeigen, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch kontinuierlich steigt. So konnte 2023 mit fast 52 Prozent erstmals über die Hälfte des verbrauchten Stroms durch erneuerbare Energieträger gedeckt werden.

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